Ein Video zum Thema Spielverhalten von Hunden gibt es hier: https://youtu.be/Fe5RQ4MlP90

 

Risiko Hundewiese:  wann unsere Vierbeiner menschliche Hilfe benötigen…

Eine Situation, die man immer wieder auf den Hundewiesen beobachten kann: Größere und kleinere Hunde diverser Rassen und Mischungen laufen fröhlich umher, schnuppern interessiert an anderen Hunden, Gräsern oder auch an fremden – offensichtlich mit Leckerlis ausgestattete – Menschen, buddeln kellertiefe Löcher oder suchen in solchen nach potenziellen Bewohnern. Regelmäßig kann man unsere Vierbeiner auch bei gegenseitigen Jagdspielen beobachten. Und das buchstäblich atemberaubende Tempo, welches hierbei erreicht wird, macht deutlich, dass man diese Art der Beschäftigung seinem Hund zuhause im Wohnzimmer schwer bieten könnte. Und manches möchte man daheim auch gar nicht bieten, zumindest nicht, wenn es danach auf das kuschelweiche, helle Sofa gehen soll: Beispielsweise das ausgedehnte Schlammbad in der größten, tiefsten und schmutzigsten Pfütze, die es draußen zu finden gab.

Und die vielen und abwechslungsreichen Sozialkontakte ergeben sich beim heimischen Gassi gehen eher selten so zahlreich wie auf einer gut besuchten Hundewiese. Für uns Menschen natürlich auch, denn hier trifft man viele nette Leute, interessante Gespräche ergeben sich und eventuell werden neue Freundschaften geschlossen. Also für beide Seiten, für Halter wie für den Hund, eigentlich eine Win-Win-Situation. Aber möchte der Hund das überhaupt? Oder bedeutet das für ihn eher Stress?

Auch folgendes lässt sich an diesem Ort häufig beobachten: Die Hunde und deren Halter sind nicht selten voneinander entfernt. Manchmal nur einige Meter  aber oft auch in sehr großer Entfernung. Häufig für den Menschen außer Hörweite (was die zuverlässige Rückrufbarkeit seines Hundes betrifft) und zumindest für den Hund auch außer Sichtweite. Denn das Hundeauge reagiert eher auf Bewegungen als auf das sichere Ausmachen und Identifizieren von weit entfernten Objekten – in diesem Falle von Herrchen und Frauchen, die eher vertieft in die Gespräche ihres neuen Freundeskreises versunken sind – oder ersatzweise in ihr neues Smartphone.

Warum auch nicht, denn schließlich hört man immer wieder:

„Die Hunde regeln das schon unter sich!“

Diese Annahme ist zwar weit verbreitet, jedoch dadurch nicht automatisch richtig. Denn haben wirklich alle Hunde im Welpenalter gelernt, wie soziale Konflikte gelöst werden? Und vor allem: Kann nicht unabhängig davon eine Situation eventuell doch schnell eskalieren? Streng genommen ist ja nicht einmal unsere eigene Spezies in der Lage, Konflikte vernünftig zu lösen. Wie sollten das Hunde können, die letztendlich bei uns in der urbanen Gesellschaft leben – mehr oder weniger darauf vorbereitet?   

Ich denke, aus diesen Fragestellungen heraus ergibt sich für uns als Halter/Halterinnen die Notwendigkeit, besonders in Freilaufflächen genau auf unsere Vierbeiner zu achten. Alles andere wäre unverantwortlich, da es zwischen den Tieren auch durch Missverständnisse, Fehlinterpretationen der Körpersignale, Unsicherheiten oder übersteigertem Territorialverhalten schnell zu eskalierenden und blutig endenden Situationen kommen kann. Oder zu traumatisierten Hunden.  Beides hätte man jedoch durch genaue Beobachtung und  Deutung der sichtbaren Zeichen frühzeitig verhindern können. Denn Hunde kommunizieren miteinander vor allem über die Körpersprache.

Warum Hunde eben doch nicht immer alles in unserem Sinne regeln:

  • Einige Rassen verfügen aufgrund von züchtungsbedingten (oft degenerierten) Merkmalen und Eigenschaften nicht das vollständige Repertoire der Ausdrucksfähigkeit durch die Körpersprache. Beispielsweise durch kurze Schnauzen, laute Atemgeräusche, kopierte Ruten, übermäßiges Fell über die Augenpartie etc. Anderen Artgenossen fällt es dadurch schwerer, diesen Hund richtig einzuschätzen und die dadurch entstehenden Missverständnisse sind auch nicht selten.

Nicht alle Hunde hatten das Glück, bei einem guten Züchter aufgewachsen zu sein  und von der Mutter und den Geschwistern eine optimale Sozialisierung erfahren zu haben. Insbesondere Tiere, die isoliert in irgendeinem Hinterhof vermehrt wurden, haben nie gelernt, wie man mit Artgenossen kommuniziert bzw. umgeht. Es ist als Halter/in schon eine Herausforderung, einem Hund dieses nachträglich beizubringen, wenn es in der (sogenannten) Prägephase nicht stattgefunden hat. Dieser Hund muss erst langsam lernen, wie sich seine Artgenossen mit Hilfe der Körpersprache ausdrücken

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Worauf man als verantwortlicher Halter achten sollte:

  • Spiel von Hunden ab und zu kurz unterbrechen. Das sorgt dafür, dass sich das Spiel nicht so schnell hochschaukelt. Dieses muss zwar nicht passieren, kann aber vorkommen – insbesondere bei Jagdspielen, bei denen mehrere Hunde beteiligt sind. Unterbrechen kann man, indem man seinen Hund kurz zu sich ruft, ihn kurz berührt und wieder laufen lässt. Das reicht meist schon aus. Und die anderen Hunde registrieren dabei, dass dieser Hund unter dem Schutz eines Zweibeiners steht. Dem eigenen Hund wird dadurch auch Sicherheit vermittelt. Auch Hunde unterbrechen ein Spiel übrigens für einige Sekunden häufig selbst: Sie fangen plötzlich an zu schnuppern, sich an einem Busch zu lösen, schauen in eine andere Richtung etc. Man kann eine kurze Unterbrechung auch dafür nutzten, seinem Hund abseits von der Gruppe etwas Wasser anzubieten.
  • Renn- oder Verfolgungsspiele zwischen zwei Hunden sollten sich rollenmäßig abwechseln, d.h. mal ist der eine der Verfolger und mal der andere. Vorsicht auch, wenn mehrere Hunde bei diesem Spiel beteiligt sind: Es sollte kein Hund immer nur der von den anderen Verfolgte, also das „Opfer“ sein. Insbesondere wenn dieser verfolgte Hund ein viel kleineres Exemplar ist als seine Verfolger, sollte man genau hinschauen und bei Gefahr oder Missverständnissen souverän und ruhig eingreifen.
  • Darauf achten, ob diese Hundebegegnungen unschöne Formen annehmen, z.B. der eigene Hund gemobbt wird, Angst und Unsicherheit zeigt oder bei Herrchen/Frauchen oder sogar bei fremden Menschen Schutz sucht. In so einem Fall das Spiel unterbrechen, mit dem Hund aus der Gruppe herausgehen – notfalls auf den Arm nehmen. Anschließend die Richtung wechseln oder die Hundewiese verlassen – insbesondere, wenn andere Halter auf das ungehobelte Verhalten ihres Vierbeiners nicht achten. Dies ist nicht immer als Ignoranz zu bewerten, sondern liegt häufig an einer Unwissenheit über die körperlichen Signale der Hunde bzw. einer Unterschätzung des Territorial- / Jagdverhaltens mancher Tiere.
  • Einzugreifen bzw. eine Situation deeskalierend zu managen setzt voraus, dass der eigene Hund so gut wie möglich abrufbereit ist. Gerade bei unsicheren Hunden ist das von Vorteil, denn so hat man die Gelegenheit, eine unschöne oder riskante Situation für seinen Hund zu regeln, bevor er selber auf die Idee kommt, eigene Strategien zur Distanzvergrößerung zu entwickeln. Beispielsweise durch Scheinattacken oder übermäßiges Gebell. Und für unseren Hund ist es auch viel angenehmer, wenn nicht er eingreifen muss, sondern ihm Herrchen bzw. Frauchen diese Verantwortung (die er gar nicht haben sollte) abnehmen und ihm Sicherheit sowie Schutz bieten.
  • Kommt der eigene Hund vom Spiel in den Jagdmodus (insbesondere mit einem kleineren Vierbeiner) – Körper wirkt angespannt, Ohren sind nach vorn aufgerichtet, Nackenfell gesträubt – dann sollte man eingreifen und das Spiel beenden. Den eigenen Hund danach nicht mehr zum Kleineren lassen.
  • Manche, körperlich eher starke, unempfindliche Hunde kommunizieren weniger über feine Signale der Körpersprache als sensible Exemplare, sondern sind in ihrer Ausdrucksfähigkeit eher ruppig: sie knuffen, stoßen oder rempeln andere an. Das wirkt auf uns Menschen ziemlich unhöflich und das ist es auch. Auch meine Lucy macht so etwas manchmal im Übermut und wird von mir dann aber sofort (verbal) zurechtgewiesen.
  • Einen anderen Hund zu überrollen kann eventuell mal vorkommen, wenn der vordere stolpert und der hintere einfach nicht mehr rechtzeitig bremsen kann. Man sieht dann aber an der darauffolgenden Situation, ob auch dem Verfolger dieser Unfall unangenehm war. Wenn nicht, kann nicht nur ein unhöfliches, sondern ein ziemlich aggressives Verhalten die Ursache sein. In so einem Fall unterbrechen – das gilt für beide Hundebesitzer gleichermaßen.

Folgendes besser unterlassen:

  • Lieber nicht auf der Hundewiese mit seinem Liebling Ballspiele etc. veranstalten. Andere Hunden könnten plötzlich dazukommen und es kann dadurch zu ernster Ressourcenverteidigung
  • Bei Begegnungen auf der Hundewiese nicht ständig am Handy kleben. Denn die Stimmung in einem wilden Getümmel von tobenden Hunden kann auch sehr plötzlich kippen und es können dann Situationen entstehen, die man nicht mehr so einfach und vor allem gefahrlos managen kann. Und das nur, weil man die feinen Signale der Hunde-Körpersprache einfach übersehen hat und deshalb nicht rechtzeitig eingegriffen wurde.

Entspricht „Schutz suchen“ dem natürlichen Verhalten eines Hundes?

Auch bei „fast“ wild lebenden Hunden in einer Forschungsstation konnte man ähnliches beobachten: Auch hier spielen die Hunde eines Rudels manchmal miteinander. Das Alpha-Tier beteiligt sich jedoch nicht an diesen Spielen. Im Gegensatz zu den Hunden auf der Hundewiese kennen sich in diesem Beispiel alle Tiere genau, was für weniger Konfliktpotenzial in der Gruppe sorgt. Aber selbst hier kann das wilde Spiel plötzlich dahin kippen, dass ein einzelner Hund plötzlich zum Mobbingopfer der anderen wird. Und es lässt sich weiterhin beobachten, dass dieser rangniedrige und schwächere Hund oft instinktiv die Nähe des Alpha-Tieres sucht, um in dessen Nähe von Anfang an Unbeteiligter dieses Spiels und damit unbehelligt zu bleiben.

Möglichkeiten, als Halter (schonend) in das Geschehen einzugreifen, wenn man plötzlich kein gutes „Bauchgefühl“ mehr hat:

  • Abrufsignal, z.B. „zu mir“

Nach diesem Signal den Hund aus der Situation bringen und verbal belohnen. Ist er etwas aus der Reichweite, dann bieten sich Leckerlies an. Durch Verstreuen der Hundekekse auf dem Boden wird der Hund zusätzlich abgelenkt und man gewinnt etwas Zeit, in der sich der Hund entspannen kann.

  • Konditioniertes Entspannungssignal einsetzen

Je nach Hund, Erregungszustand und Situation genügt eventuell schon dieses Signal, um den Hund so zu entspannen, dass er nicht mehr unbedingt aus der Situation geführt werden muss. Der „Spielfluss“ wird dann praktisch nicht groß unterbrochen.

  • Markern & Belohnen
  • Splitten
  • Stopp-Signal, eventuell mit Anleinen (immer mit Ankündigung

Nach dem Anleinen den Hund kurz (oder komplett) aus der Situation bringen. Danach belohnen.

Kritische Situationen (Hunde geraten ineinander, reagieren nicht auf Signale)

  • wie oben: Konditioniertes Entspannungssignal einsetzen und Hund(e) aus der Situation führen.

Kommt es untereinander zu Kämpfen, sollte man körperlich nicht eingreifen, wenn nicht die nötige Erfahrung und Routine vorhanden ist. Schwere Verletzungen bei Ihnen können die Folge sein – auch versehentlich verursacht durch den eigenen Hund. Glücklicherweise sind solche Auseinandersetzungen mit schweren Verletzungen auf Seiten der Hunde eher selten.

Fazit:

Es ist also völlig natürlich, dass unser Hund bei uns Schutz sucht und diesen auch erwartet, bzw. dass wir ihm diese Schutzmöglichkeit bieten sollten. Unternehmen wir stattdessen nichts – weil wir immer noch an das alte Märchen glauben, dass „Hunde das schon unter sich regeln“, enttäuschen wir unseren mit dieser Situation überforderten Hund und gefährden neben seiner Gesundheit auch sein Vertrauen in uns als souveräner Anführer seines „Rudels“ (eher: Familienverbandes).

Weiterhin bedeutet eine eskalierte Hundebegegnung immer Stress für die Tiere, die negativ abgespeichert werden könnte und u.U. Einfluss auf zukünftige Zusammenreffen hat.

Weitere Nachteile, wenn man in Konfliktsituationen nie Management betreibt: Der von seinem Menschen nicht unterstützte oder berufene Hund könnte sich im Laufe der Zeit zu einem notorischen Täter und unsozialen Problemfall für seinen Halter und dessen Hundeverhaltensberater entwickeln…

Daher rate ich, immer genau auf die Hunde zu achten und bei Bedarf auch „einzugreifen“, damit das Zusammentreffen für alle Beteiligten stets stressfrei und harmonisch abläuft.

Das Hundetraining Hamburg konzentriert sich auf die Sozialisierung von Welpen.