Die wichtigsten Grundkommandos, die ein Hund kennen sollte – aber warum eigentlich?
Machen Sie sich doch mal den Spaß und suchen im Internet nach „wichtige Kommandos für Hunde“. Je nach Suchmaschine findet man zwischen 228.000 bis 2.780.000 Einträge…
Meistens variiert die Anzahl der im Netz genannten Grundkommandos zwischen 5 und 12 – es sind also nicht wirklich viele Anweisungen, die wir – und unsere Hunde – sich demnach merken müssen. Doch welche Vorteile bringen diese dem Hund? Denn schließlich geht es in erster Linie um das Tier und dann erst um die Bedürfnisse seines Halters.
Werden Kommandos überhaupt benötigt?
Das Wort „Kommando“ (lat. commendare ‚befehlen‘) hat für mich irgendwie einen negativen Beigeschmack. Ich verbinde damit automatisch die Begriffe „Millitär“, „Kommandogewalt“ „Machtverhältnisse“ oder „Einsatzbefehl“. Klingt alles gar nicht nach einer harmonischen, entspannten und freundlichen Beziehung zwischen Hund und Halter/in. Ich möchte im Falle eines Familienhundes zwar einen Begleiter an meiner Seite haben, der einige Grundregeln kennt für das Leben in unserer urbanen Gesellschaft, aber sicherlich kein dressiertes Zirkustier.
Was ein Hund kennen und können sollte, wird durch das soziale Umfeld und von den individuellen Erwartungen der Halter bestimmt. Lassen Sie sich daher nicht unter Druck setzen, ihrem Tier unbedingt etwas beibringen zu müssen, nur weil es auf irgendeiner dogmatischen [ PS: tolles Wortspiel, nicht wahr ? ,-)] Rankingliste aus dem Internet steht. Lösen wir uns daher kurz von dem Begriff „Kommando“ und überlegen uns, welche Verhaltensweisen bei einem Hund wünschenswert wären, z.B. diese drei Punkte:
- Der Hund sollte stubenrein sein bzw. werden.
Das sollte eigentlich selbstverständlich sein, denken Sie jetzt? Aber tatsächlich habe ich schon Menschen erlebt, die diesen Punkt ziemlich stiefmütterlich behandeln weil sie der Meinung sind, dass der Hund durch seine Hinterlassenschaft auf dem Kopfkissen seiner Bezugsperson nur seine tiefe Zuneigung zeigen möchte. Kein Scherz…
- Stillhalten bei Untersuchungen
Hilfreich bei der Körperpflege und bei Untersuchungen. Auch der Tierarzt wird es Ihnen danken, nicht mit Ihrem Liebling in einen Ringkampf gehen zu müssen um eine Impfung vorzunehmen. Und auch für den Hund ist es wesentlich stressfreier, wenn dieser Punkt vorher schon geübt wurde, d.h. mit einem Signal für eine konditionierte Entspannung belegt ist.
- Das Tier sollte sich harmonisch in unsere Gesellschaft einfügen
Es gibt Menschen, die vor Hunden Angst haben und darauf sollte man als Hundehalter auch Rücksicht nehmen. Auch andere Passanten stolpern nicht gern über eine Hundeleine. Und Radfahrer sollten auch keine Vollbremsung hinlegen müssen nur weil man der Meinung ist, eine 15 Meter Schleppleine sei für den gemeinsamen Fuß- & Radweg bestens geeignet.
Wenn es gelingt, mit dem Hund verständnisvoll zu kommunizieren, sind dann Kommandos überhaupt noch nötig?
Insbesondere wenn Sie einen Hund aus dem Tierschutz nehmen, sind bestimmte Grundkommandos oder Regeln durchaus sinnvoll. Zumindest wenn sie wohlüberlegt und nach dem individuellem Umfeld ausgewählt sind. Denn Kommandos sind für einen Hund auch eine Art Hausregeln, die einzuhalten sind. Und obwohl Regeln auch einschränken, sind sie nicht zwangsläufig nur negativ zu bewerten. Denn sie vermitteln dem Hund auch eine gewisse Sicherheit und Routine im Tagesablauf, was ihm die Integration in seine neue Familie erleichtert. Der Hund kann dadurch schneller und stressfreier seinen Platz im neuen „Rudel“ finden. Denn Regeln sorgen für Klarheit und Kommandos sorgen für die Einhaltung dieser Regeln.
Und auch wenn Sie keinen Hund „mit Vergangenheit“ nehmen, sondern einen Welpen von einem (hoffentlich seriösen) Züchter, dann sind Regeln erst Recht sinnvoll. Und damit auch einige Grundkommandos. Vor allem jene, die das Gefahrenpotential für das Tier senken. Denn bei Welpen und Junghunden muss man besonders damit rechnen, dass sie Dinge anknabbern oder fressen, die gefährlich oder tödlich sein können. Beispielsweise Stromkabel, giftige Substanzen, ungeeignete Lebensmittel, Kühlflüssigkeit vom Auto. Auch Verbrennungen an Herd oder Grill oder das Hereinfallen in einen ungesicherten Pool oder Gartenteich sind alles andere als erstrebenswert und diese Risikofaktoren lassen sich durch Kommandos zumindest reduzieren. Das gemeinsame Erlernen von Kommandos kann zudem auch die Bindung zwischen dem Hund und seinen Herrchen/Frauchen stärken, wenn diese positiv aufgebaut sind.
Kommandos als Trainingshilfe bei unerwünschtem Verhalten
Stellen Sie sich vor, ihr Hund geht bei Begegnungen mit Artgenossen gern und lautstark in die Leine. Gern insofern, als das er in (seiner) Vergangenheit gelernt hat, mit diesem Verhalten den Abstand zum anderen Hund zu vergrößern oder jedenfalls den drohenden Konflikt auf diese Weise zu lösen.
Kommandos – hier beispielsweise ein vorher trainiertes Umkehrsignal – können hier einen ersten Lösungsschritt bedeuten in Richtung Erlernen eines Alternativverhaltens, welches der Hund später auch von sich aus anbietet. Im Idealfall benötigen Sie nach erfolgreichem Training dieses Umkehrsignal immer seltener oder nur noch im Ausnahmefall.
Welche Kommandos sind für den Alltag wichtig?
Im Folgenden sind einige Punkte aufgeführt, die Entscheidungshilfen darüber geben, welche Kommandos wichtiger als andere sein können.
Die Betonung liegt hier auf „können“, denn Sie entscheiden selbst, ganz individuell nach der Art des Zusammenlebens, was für Ihr Tier am besten ist. Alles was Sie über dieses Thema lesen, können nur Hinweise, Ratschläge oder Empfehlungen sein. Aber niemals Naturgesetze – daher kann man es auch ganz locker angehen lassen und für sich selbst entscheiden, was für den Hund wichtig oder unwichtig ist.
Wichtig sind für mich Kommandos, die der Sicherheit des Hundes dienen. Das ist besonders in der Anfangszeit von Vorteil, da die Bindung von beiden Seiten erst einmal „wachsen“ muss, dem Hund in dieser Zeit aber nichts passieren darf – danach natürlich auch nicht. ,-)
Auch der Wohnort ist entscheidend, denn auf dem Lande ist das Gefährdungspotential für das Tier geringer als in einer urbanen Umgebung. Daher kann auch die Anzahl der Kommandos in dörflicher Umgebung aus meiner Sicht etwas geringer sein. Zudem ist die Einwohnerzahl in der Stadt pro Fläche höher. Man muss dadurch häufiger Rücksicht nehmen auf Jogger, Fahrradfahrer, Straßenverkehr, anderen Hunden und Passanten, die eventuell keine Hunde mögen oder wie oben bereits geschrieben, sogar Angst vor ihnen haben.
Daher sollte der Hund vernünftig an der Leine gehen, auf Zuruf herkommen, lernen, einige Zeit entspannt abzuliegen und vor allem niemanden belästigen. Ferner gibt es in der Stadt eine höhere Wahrscheinlichkeit von herumliegenden Glasscherben, Giftködern etc. Hier sind Kommandos für ein gefahrloses und rücksichtsvolles Miteinander sehr von Vorteil.
Und nicht zuletzt: Ein Hund, der gut erzogen ist und Grundkommandos beherrscht, fällt auch seiner Umwelt positiv auf (weil er gerade nicht auffällt) und Sie können ihn praktisch überall entspannt mit hinnehmen.
Beispiele für Grundkommandos und warum sie nützlich sind
SITZ (Sitzen auf Hör- & Handzeichen)
Mit diesem Kommando kann man den Hund gut unter Kontrolle bringen. Beispielsweise wenn er unruhig ist und schnell aus der Tür hinaus möchte.
Viele Leute lächeln, wenn man den Hund in die Sitzposition bringt. Offensichtlich verbinden sie dieses Kommando mit einem angenehmen und wohl erzogenen Hund, wodurch man (fast) überall gern gesehen ist.
Aber: Verwenden Sie dieses Kommando vorsichtig, denn für einen Hund ist die Sitzposition nicht natürlich und sollte nur von Hunden durchgeführt werden, die keine gesundheitlichen Probleme beispielsweise mit Gelenken haben.
PLATZ (Liegen auf Hör- & Handzeichen)
Vor allem in Restaurants ist dieses Kommando sehr hilfreich, um den Hund für längere Zeit abliegen zu lassen. Ebenfalls sinnvoll, damit der Hund bei geöffneter Autotür nicht versucht, herauszuspringen bevor ich die Sicherung vom Brustgeschirr gelöst habe.
BLEIB oder WARTE (Sitz, bleib – Steh‘, bleib – Platz, bleib)
Kann sein Leben retten, z.B. bei Gassi-Gehen an einer Straße (hier sollte der Hund aber zur Sicherheit immer angeleint sein). Dieses Kommando ist auch hilfreich, wenn man eine Situation erst einmal einschätzen möchte. Oder beim Ab- und Anleinen, z.B. beim Betreten und Verlassen einer Hundewiese.
STOPP
Nützlich in Gefahrensituationen (Hund interessiert sich für den Gartengrill, plötzlich erkennt man einige Meter voraus Glasscherben auf dem Weg usw.). Dieses Kommando sollte – wie alle übrigen auch -, ausschließlich positiv aufgebaut werden und keinesfalls durch „Leinenruck“ etc.
WEITER
Erklärt sich von selbst ,-) Ich würde dieses Kommando aber so selten wie möglich einsetzen und dem Hund auf den Spaziergängen statt dessen einfach viel Zeit geben. Nützlich kann es aber auch sein, um bei direkten Hundebegegnungen an der Leine rechtzeitig auszuweichen oder umzukehren.
NEIN, „NHAAAA“ oder „ÄH-ÄH“
Können seine Gesundheit erhalten, wenn er versucht, unterwegs Dinge zu verspeisen, die dafür nicht geeignet sind (Essensreste, Kot anderer Hunde etc.). oder wenn er sich Gefahrensituationen nähert. Oder versucht, an fremden Personen zu schnüffeln etc. Der Hund ist also gerade dabei, etwas Unerwünschtes zu tun, beispielsweise an den frisch gebackenen Käsekuchen oder an für ihn giftige Lebensmittel (z.B. Weintrauben) in der Küche zu gelangen.
Verwendet man beispielsweise ein energisches, grollendes und langgezogenes „Nhaaaaa“ statt „Nein“ verhindert man auch, dass es zu Verwechslungen und damit zu Verunsicherungen beim Hund kommt. Denn ein lobendes „Fein“ klingt ähnlich wie ein verbietendes „Nein“. Ansonsten beim energischen „Nein“ bleiben und das Lobwort „Fein“ durch „Prima“ ersetzten.
Tipp:
Wenn Sie Ihrem Hund mit einem Kommando etwas verbieten möchten, achten Sie im Hinblick auf eine positive Lernverknüpfung darauf, dass Sie dem Tier anschließend immer zeigen, was es stattdessen tun soll.
Denn ansonsten besteht die Gefahr, dass der andauernd gemaßregelte Hund keine Vorstellung darüber erfährt, was man eigentlich von ihm erwartet. Nach vielen solchen (negativ besetzten) Erfahrungen könnte er zu dem Schluss kommen, dass Menschen grundsätzlich schwer einzuschätzen und unberechenbar sind; die Gegenwart von diesen merkwürdigen Zweibeinern also häufig unvorteilhaft ist.
Bringt man ihm dagegen ein Alternativverhalten bei, ist diese Vorgehensweise eine gute Basis für eine harmonische Beziehung bzw. für ein erfolgreiches Training.
AUS
Der Hund soll etwas unterbrechen, womit er bereits begonnen hat. Beispielsweise, wenn er auf dem Spaziergang etwas für ihn leckeres aber eventuell gefährliches von mir unbemerkt gefunden hat und es plötzlich im Maul hat.
Ich benutze „Aus“ ausschließlich in potentiellen Gefahrensituationen und nehme dem Hund zeitgleich diesen Gegenstand sanft aus dem Fang.
Soll der Hund in einer anderen Situation etwas hergeben, z.B. beim Ballspielen, verwende ich das Kommando „Zeig‘ mal“.
KOMM‘ ZU MIR oder „LAUF MAL HER“ (Kommen auf Hör- & Sichtzeichen)
Kann ebenfalls das Leben ihres Hundes retten. Oder Konflikte beim Spiel mit anderen Hunden entschärfen, wenn die Stimmung mal kippen sollte. Nach diesem Kommando gebe ich meinen Hunden immer einen positiven Reiz wie ein Lob oder ein Leckerli.
BEI FUSS, FUSS oder BEI MIR
Nützlich, damit der Hund bei Gefahrensituationen dicht bei einem bleibt bzw. geht. Auch bei einem unvermeidbaren Stadtbummel ist dieses Kommando nützlich, da der Hund niemanden belästigt.
Wie man seinem Hund Grundkommandos beibringt
Auf jeden Fall freundlich und mit gewaltfreien Methoden ohne Druck oder Einschüchterungen des Hundes. Ich bin auch kein Freund von Hilfsmitteln wie Erziehungshalsbänder, Maulschlaufen, Halti’s etc.
Für meine Tiere verwende ich vor allem Brustgeschirre und Hundeleinen verschiedener Längen. Aber auch eine gewisse Portion Konsequenz und strukturelles Vorgehen. Am Ende hat man einen Hund, der die für ihn notwendigen Grundkommandos kennt und eine enge sowie auf Vertrauen beruhende Beziehung zu seinem Herrchen oder Frauchen aufgebaut hat, aber nicht wie ein Zirkuspferd lediglich dressiert wurde.
Man hat einen Partner an seiner Seite, der sich in der Öffentlichkeit in unserem Sinne gut benehmen kann, aber seinen Bedürfnissen trotzdem nachgehen kann.